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Business-Rebellen – Der Talk #16 mit Matthias Patz, Leiter Innovation & New Ventures, DB Systel

Bild: © Stephan Grabmeier

Matthias Patz ist die digitale Geheimwaffe der Deutschen Bahn. Seit über acht Jahren beschäftigt er sich dort mit dem Thema Innovation. Innerhalb der Unternehmenstochter DB Systel pendelt Matthias Patz zwischen den Welten von Start-ups und Konzernen, wo er den Geschäftsbereich „Innovation & New Ventures“ verantwortet.

Mit Matthias Patz ganz hoch oben

Für diese Folge meines Business-Rebellen-Talks ging es hoch hinaus: Ich habe mich mit Matthias im 30. Stock über den Dächern Frankfurts getroffen. Im Silberturm der Deutschen Bahn waren unsere Gesprächsthemen Intrapreneurship, die neue Selbstorganisation, seine DB-Geheimwaffe, Inspirationsquellen und wo er am liebsten entspannt. Natürlich hat er auch verraten, was ihn als Business-Rebellen auszeichnet.

Wie Matthias Patz nach seinem Start-up-Versuch zur Bahn kam…

Ich bin nun schon seit fast 12 Jahren bei der Bahn. Letztendlich waren die vielfältigen Möglichkeiten des Konzerns überzeugend für mich. Ich wollte gerne meine Erfahrungen aus dem Innovationsmanagement und dem Start-up-Bereich einbringen. Das mit dem Start-up zuvor war leider nicht so erfolgreich. Also haben wir es nach drei Jahren beendet. Ganz simpel aus monetären Gründen. Aber wir haben viel gelernt, was in größeren Unternehmen wichtig ist. Und von diesem Wissen profitiere ich noch heute.

Wie er zum Innovator der frühen Stunde wurde…

Ich hatte Glück. Der damalige CTO der DB Systel hatte das Potenzial erkannt hat und wollte diese Entwicklung fördern. Um einen Nährboden für Innovationskultur zu schaffen, haben wir in den ersten Jahren sehr viele Workshops zu Kreativität gemacht. Wir haben bestimmt mit 300 bis 400 Mitarbeitern die verschiedensten Kreativitätsmethoden durchexerziert. Das war wichtig, um ein gemeinsames Sprachvokabular zu schaffen. Dadurch konnten wir sicherstellen, dass wir die gleichen Vorstellungen von einer Sache haben. Das war insbesondere für Begriffe und Methoden aus dem Start-up-Bereich enorm hilfreich. Denn so etwas war in der Sprache des Großkonzerns nicht enthalten.

Quelle: Kienbaum / Youtube

Welche drei Hashtags ihn am besten beschreiben…

Zunächst möchte ich „Digitaler Transformator“ nennen. Denn gerade hier bei DB Systel sind wir dabei, uns zu transformieren. Vieles ist an alten Strukturen zu eingeschliffen. Alles soll viel netzwerkartiger, selbstorganisierter, zellartiger werden. Darin besteht der Inhalt digitaler Transformation, den ich sehr gerne mitgestalte. „Netzwerken“ ist der zweite Hashtag, da ich sehr gerne Menschen treffe und mich austausche. Das kommt von der Start-up-Mentalität, die ich wichtig finde: auch mal externe Impulse zulassen. Und zuletzt „Unternehmertum“, denn das versuchen wir mittels Intrapreneurship für unsere Mitarbeiter zu kultivieren. Meine Vision dahinter ist, dass alle Mitarbeiter unternehmerisch agieren sollen. Jeder soll die Möglichkeit haben, uns voranzutreiben.

Bild: © Stephan Grabmeier

Was das Besondere an seinem Job ist…

Wir verfügen über alle Elemente einer Start-up-Welt und machen sie für die Bahnmitarbeiter zugänglich: Inkubator, Acceleration Programm, Venture Capital. Dadurch werden die ganzen tollen Ideen unserer Mitarbeiter sichtbar. Meine These: Unternehmertum und Intrapreneurship machen ganz häufig den Menschen. Und das ist das, was meinen Job so faszinierend macht: die Vielfältigkeit der Menschen zu sehen und wie sie über sich selbst hinauswachsen. Sie können und sollen Owner einer Idee werden und diese verteidigen, wenn sie gut ist.

Über die neue Selbstorganisation innerhalb der Deutschen Bahn…

Eine Selbstanalyse hat gezeigt, dass wir mehr in selbstorganisierten Teams arbeiten müssen. Ganz nah am Geschäft dran. Aus der Auseinandersetzung mit dem Thema resultierte unser Ziel, die gesamte Firma mit ungefähr 4000 Mitarbeitern in eine selbstorganisierte, netzwerkartige Organisation zu überführen. Die bis dato klassische Führungskraft wird es bei uns bald nicht mehr geben. An ihre Stelle werden drei agile Rollen treten: der Product Owner, der die wirtschaftliche Verantwortung für ein Thema übernimmt; der Agility Master, der sich um eine funktionierende Teamentwicklung kümmert; und das Umsetzungsteam, das selber die Qualität des Produkts sicherstellt. In diesen drei Rollen wollen wir zukünftig agieren.

Warum Matthias ein Rebell ist…

Weil ich beim Thema Innovation eine ganze Weile gegen den Strom geschwommen bin. Ganz am Anfang dieser Innovationsaktivitäten haben wir viel mit Lego Serious Play gearbeitet. Das wurde natürlich zunächst nicht richtig ernst genommen und eher belächelt. Aber mittlerweile ist es so, dass Creative Problem Solving immer mehr akzeptiert wird. Querdenkend an Themen heranzugehen ist angesagt. Es hat lange gedauert, aber man muss gerade im Konzern geduldig sein. Wenn man den richtigen Zweck schafft, kann man solch eine Organisation auch verändern.

Welche Geheimwaffe er besitzt…

In der „Süddeutschen Zeitung“ wurde eines unserer internen Start-up-Teams „Zero One Data“ beschrieben. Das sind die Data-Analytics-Spezialisten im Konzern. Daten werden ja neuerdings auch als das neue Gold oder Öl bezeichnet. Mit diesem Team gehen wir ganz aktiv in die Geschäftsfelder der Deutschen Bahn, um Datenschätze zu heben. Und um die Basis für neue digitale Geschäftsmodelle zu schaffen, in denen die Bahn agieren kann. Bei der Arbeit dieses Teams geht es also darum, verschiedene Datentöpfe durchlässig zu machen und miteinander zu verbinden. Das haben sie – glaube ich – mit Geheimwaffe gemeint.

Über seinen größten Fehler…

Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und glaube, etwas mehr Fach-Know-how hätte mir gut getan. Sowas wie Biologie und Chemie in Verbindung mit IT. Solch eine Fachbindung wäre hilfreich für mich gewesen. Um einen größeren Horizont zu gewinnen und um noch mehr Ideen zu generieren. Meinen Kindern würde ich heute empfehlen: Nicht den einfachen Weg gehen, sondern etwas wählen, das nicht unbedingt am nächsten liegt. Um inhaltliche Breite zu schaffen, wodurch sich sehr gut neue Perspektiven erschließen lassen. Denn Dein Hobby verfolgst Du so oder so.

Was man von Matthias Patz lernen kann…

Ich habe in den letzten 8 Jahren ganz viel an praktischen Erfahrungen im gesamten Innovationsumfeld gesammelt: beispielsweise Open Innovation-Plattformen, Mitarbeiter-Beteiligungen oder interne Wettbewerbe. Und ich versuche, mein ganzheitliches Denken weiterzugeben. Ich denke grundsätzlich gerne in Geschäftsmodellen. Denn wenn wir uns in eine vernetzte Welt bewegen, wird es immer wichtiger zu gucken, was drum herum passiert. Dabei werden auch Partnerschaften immer relevanter. Es geht nicht um den einen, der das Ziel erreicht, sondern darum, es gemeinschaftlich zu erreichen.

Wer ihn geprägt hat…

Es gibt nicht die eine Person, sondern viele verschiedene, geprägt durch meine Leidenschaft fürs Netzwerken. Ein Autor, der mir gerade nennenswert erscheint, ist Jeffrey Moore. Er hat das Marketing-Buch „Crossing the Chasm“ geschrieben — seine Gedanken finden sich bei mir in vielen Vorträgen und Gedankenmodellen wieder. Und gerade auch sein neues Buch „Zone to win“ hilft mir, das Unternehmen immer wieder ganzheitlich zu betrachten. Das finde ich sehr inspirierend.

Matthias Patz über seinen Lieblingsort…

Ich bin ein Großstadtkind. Ich komme aus Berlin und lebe weiterhin dort. Deswegen faszinieren mich große Städte. Erst kürzlich war ich in Wien, das ist eine wunderschöne Stadt. Dort kann ich trotz des Trubels gut runterfahren.

Wo er am besten entspannen kann…

Einerseits wie gesagt tatsächlich in Großstädten. Andererseits beim Backpacking. Da ist das „wo“ gar nicht so entscheidend. Dieser starke Kontrast zu meinem sehr durchgetakteten Arbeitsalltag ist super. Einfach den Rucksack packen, in den Bus steigen und mal gucken, wohin es einen verschlägt. Das ist für mich Entspannung pur. Aber auch Konferenzen können mich durchaus entspannen. Sie bringen mich auf neue Gedanken und setzen neue Impulse frei, was sehr inspirierend ist. Ich kann auch mal am Strand liegen und ein Buch lesen, allerdings nicht länger als zwei Tage.

Vielen Dank lieber Matthias für den klasse Talk. Weiterhin alles Gute ??

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