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B Corporation – einfach erklärt

Sich neu entwickelnde Unternehmensformen wie die B Corp, die Gemeinwohlökonomie oder die Purpose Stiftung erleben seit Jahren stetig wachsende Anhänger und gerade einen regelrechten Boom. Die Bewegungen arbeiten alle an einem gleichen Ziel: Besseres Wirtschaften in einer sozialen, ökologischen und ökonomischen Balance. Doch wie gelingt der Spagat zwischen Gewinn, Gemeinwohl und Nachhaltigkeit?

Heute werfe ich einen tieferen Blick auf die B Corporation, die man kurz in einem Satz erklären kann: „Unternehmertum für sozial verantwortlichen Kapitalismus“. Dahinter steckt eine ganze Menge. Ich begleite B Lab Deutschland seit seiner Gründung 2020 und unterstütze Unternehmen auf ihrem Weg zur B Corp Zertifzierung.

Das B Corp Movement

Das „B Corp Movement” ist eine wachsende globale Bewegung von Unternehmen, die aktiv eine nachhaltige, soziale und faire Zukunft vorantreiben. Weltweit gibt es über 5.100 zertifizierte B Corporations in 78 Ländern und 155 Industrien, darunter unter anderem Patagonia, Weleda, Share, Chiesi, To good to go, Soulbottles, Einhorn, Triodos Bank, Tomorrow, Ecosia oder Sympatex. Die Liste ethischer und nachhaltiger Brands ist lang. Sie alle teilen die Ansicht, dass Unternehmertum verpflichtet und bekennen sich in ihren Statuten zu gesellschaftlichem Mehrwert und ökologischer Nachhaltigkeit.

B Corporations sind Unternehmen, die mehr Nachhaltigkeit erreichen wollen, und sich dazu verpflichten, ihren sozialen und ökologischen Impact regelmäßig zu messen, ihn transparent darzustellen und kontinuierlich zu verbessern. Die Mission der B Corps lautet: „Wir wollen nicht die besten Unternehmen der Welt sein, sondern die besten Unternehmen für die Welt.“ Ein kleiner Unterschied im Narrativ, ein wirkmächtiger in der Umsetzung.

Declaration of Interdependence der B Corporation
Die Declaration of Interdependence erekennt die gegenseitige Abhängigkeit und damit Verantwortung an. (Bild: © B Corp Deutschland)

Wie alles anfing

Die drei Gründer von B Corporation starteten 2006 in USA mit der Idee, dass eine andere Art von Wirtschaft nicht nur möglich, sondern auch notwendig ist – und dass Unternehmen den Weg zu einem neuen, von Stakeholdern angetriebenen Modell weisen könnten.

Die B Corporation-Zertifizierung wird von der US-amerikanischen Non-Profit-Organisation „B Lab“ vergeben, die 2006 in Pennsylvania gegründet wurde. Dabei steht der Buchstabe „B“ für „beneficial“, was in etwa mit „wohltätig“ und „nutzbringend“ übersetzt werden kann. Das B zeichnet Unternehmen aus, die freiwillig hohe Standards in Bezug auf soziale und ökologische Leistung, Rechenschaftspflicht und Transparenz erfüllen. Ihr Unternehmensziel definiert sich nicht (nur) dadurch, einen finanziellen Mehrwert zu erwirtschaften, sondern ist gekoppelt an das Ziel, einen Mehrwert für die Gesellschaft zu leisten und soziale und ökologische Probleme zu lösen. Die B Corporation beschreibt den Übergang von einer Shareholder in eine Stakeholder Ökonomie.

B Corporation Zertifizierung
Das Siegel der B Corporation. (Quelle: © B Corp Deutschland)

Eine Benefit Corporation, was man nicht mit einer zertifizierten B Corporation verwechseln darf, ist eine Unternehmensform in den USA, die aus dieser Bewegung 2011 entstanden ist. Die Unternehmensform ist in über 30 US Bundesstaaten zugelassen und verpflichtet Unternehmen zu einem guten Umgang mit der Umwelt, den Mitarbeiter:innen und der Gesellschaft. Eine B Corp Zertifzierung geht jedoch darüber weit hinaus.

B Lab in Europa und Deutschland

Das B Lab ist die weltweite gemeinnützige Organisation,die zur Aufgabe hat, die globale Infrastruktur (B Impact Assessment, Impact Standards und Länder Teams) bereitzustellen. Die Zertifizierung als B Corporation wird durch Analysten des „B Trust”durchgeführt, der unabhängig von B Lab agiert. Die Ausweitung des globalen B Movements nach Europa ging 2013 zuerst über die Niederlande. Das B Lab Europe ist als Stiftung unter niederländischem Recht eingetragen. Mittlerweile haben sich Italien, UK, Schweiz, Portugal, Polen, Benelux, Nordics und Frankreich in ihren Länderstrukturen seit vielen Jahren etabliert.

B Lab Deutschland ist der „Country Partner” von B Lab Europe und bildet die Schnittstelle zwischen B Lab Europe und der B Corp Community in Deutschland. Die Gründung der deutschen Organisation, als jüngstes europäisches Mitglied der B Corp Familie, war 2020. Ich bin seit der ersten Stunde dabei, die Organisation in ihrem Ausbau zu unterstützen und Unternehmen bei B Corp Zertifizierungsprozessen und ihren Nachhaltigkeitsstrategien zu begleiten.

Das B Impact Assessment (BIA) ist das kostenfreie Online-Tool, das Unternehmen nutzen, um den Impact sowohl im Innen als auch im Außen ihres Unternehmens zu messen und zu verbessern.

Wie funktioniert das B Impact Assessment?

Das B Impact Assessment bewertet Marken mit einem Punktesystem in fünf Hauptkategorien:

  • Corporate Governance (Unternehmenssteuerung)
  • Mitarbeiter:innen
  • Auswirkungen auf Umwelt
  • Auswirkungen auf Gesellschaft
  • Auswirkungen auf Kund:innen

Ein Unternehmen muss (je nach Größe und Industrie) ca. 200 Fragen in diesen fünf Kategorien beantworten und mindestens 80 Punkte erreichen, um sich zertifizieren lassen zu können.

Um Punkte zu erhalten, beantworten Nutzer:innen Fragen, zu denen es in der Regel verschiedene Antwortmöglichkeiten gibt (Multiple-Choice Fragen). Das BIA hat bestimmte „Scoring-Prinzipien”. Diese vor dem praktischen Einstieg in das BIA zu kennen ist sinnvoll, da sie Aufschluss darüber geben, wie das B Impact Assessment zu nutzen ist. „Scoring-Prinzipien” sind die verschiedenen Funktionsweisen, nach denen das B Impact Assessment Punkte vergibt.

Die drei Scoring-Prinzipien sind folgende:

1. Positives Scoring

Das B Impact Assessment belohnt Maßnahmen, die positiv wirksam sind. Wenn Unternehmen in der Lage sind nachzuweisen, dass sie entweder Maßnahmen oder Prozesse implementiert haben, die sich positiv auf die verschiedenen Stakeholdergruppen auswirken, dann wird das mit der Vergabe von Punkten belohnt. Gleichzeitig werden Maßnahmen, die sich nicht positiv auf Stakeholder auswirken, nicht bestraft. Es werden an der Stelle also keine Punkte abgezogen und die jeweiligen Antworten wirken sich neutral (und nicht negativ) aus.

Beispiel: Manche Unternehmen berechnen den CO2-Fußabdruck, manche nicht. Wenn ein Unternehmen diesen nicht berechnet, dann bekommt es keine Punkte abgezogen, sondern lediglich „0 Punkte”. Die Antworten zu den Fragen sind aber so gestaltet, dass sie zu mehr positivem Verhalten inspirieren und die Bandbreite möglicher Verbesserungen aufzeigen. Ein Unternehmen, das den CO2-Fußabdruck nicht nur berechnet, sondern nachweisen kann, dass es in der Vergangenheit gesetzte Reduktionsziele eingehalten hat, bekommt demnach mehr Punkte.

2. Resultat-orientiertes Scoring

Das BIA belohnt konkrete, dokumentierte und nachvollziehbare Prozesse und Resultate. Für jede Antwort, die gegeben wird, müssen Unternehmen in der Lage sein, diese für die Auditoren nachvollziehbar und transparent zu machen. An der Stelle entsteht ein Großteil des Aufwands im Zertifizierungsprozesses, denn viele Informationen müssen erst in Erfahrung gebracht, aufbereitet und verschriftlicht werden.

Beispiel: Viele Unternehmen haben kein Mission Statement. Das B Impact Assessment belohnt ein vorhandenes Mission Statement, aber noch mehr belohnt es ein Mission Statement, das bestimmte Charakteristika erfüllt. Enthält es eine selbst gesetzte Verpflichtung für das Schaffen gesellschaftlichen Mehrwerts? Oder eine für das positive Wirken auf die Umwelt? Wenn nicht, dann steht es dem Unternehmen frei zu entscheiden, ob und wie es ein Mission Statement verfasst.

Das B Impact Assessment belohnt das Resultat. Wie ein Unternehmen dorthin gelangt ist sehr unterschiedlich. Oftmals ist das BIA Anlass für eine Geschäftsführung einen strategischen Prozess im Unternehmen zu starten. Denn im BIA kommt alles auf den Prüfstand. Wenn Unternehmen bereits einen hohen nachhaltigen Reifegrad haben, ist es einfacher und schneller. Sofern nicht, empfiehlt es sich die Strategieentwicklung direkt mit anzustoßen.

3. Wesentlichkeit-basiertes Scoring

Den meisten Unternehmen stehen bei der Bewertung des operativen Geschäfts 140 Punkte zur Verfügung, die sich auf die verschiedenen Bereiche – Unternehmensführung, Mitarbeitende, Gesellschaft, Umwelt und Kund:innen – verteilen. Hierbei variieren die zu vergebenen Punkte in jedem Wirkungsbereich, um den Grad der Wesentlichkeit für die verschiedenen Themen widerzuspiegeln. „Wesentlichkeit“ beschreibt im Nachhaltigkeitsmanagement das Prinzip, dass ein Unternehmen den Fokus auf die Themen legen soll, die von besonderer Bedeutung für Umwelt, Gesellschaft und das Unternehmen selbst sind.

Beispiel: Für eine IT-Beratung ist der Wasserverbrauch weniger bedeutend als für einen Landwirtschaftsbetrieb, der z. B. Rinder hält anbaut und dadurch ein Vielfaches an Wasser verbraucht als eine Firma, die lediglich Wasser im Büro verbraucht. Es ist nur konsequent, wenn ein Landwirtschaftsbetrieb im Bereich „Wasser” mehr Punkte einholen kann als eine Beratung, da Maßnahmen zum sorgsamen Einsatz von Wasser dort einen höheren Impact haben.

Hinzu kommt, dass das B Impact Assessment Antworten auch unterschiedlich gewichtet. Fragen, die spezifische Ergebnisse und Resultate messen, werden stärker gewichtet als Fragen zu Richtlinien und Praktiken. Auch hier steht der Impact im Vordergrund. Maßnahmen, die zu konkreten (positiven) Ergebnissen führen, haben einen höheren (messbaren) Impact als eine Richtlinie, die zwar ein bestimmtes Verhalten incentiviert, aber kein Garant für ein konkretes Resultat ist.

B Corporation Impact Assessment
Im Impact Assessment erreichen Teilnehmer beim ersten Durchgang durchschnittlich 51 von 80 notwendigenPunkte. (Bild: © B Corp Deutschland)

Das B Impact Assessment ist Open Source und kann von jedem Unternehmen kostenfrei genutzt werden. Sie finden es unter: https://bimpactassessment.net/

Bis heute haben rund 150.000 Unternehmen weltweit das BIA gemacht. Nicht jeder geht in eine Zertifizierung. Die durchschnittliche Punkteanzahl in einem ersten Durchlauf eines BIA liegt bei 51. Das zeigt den hohen Anspruch. Mindestens 80 Punkte sind nötig, um eine Zertifizierung zu starten. Das ist der Königsweg für all diejenigen, die Marken gestalten.

Eine Marke mit dem sozial, ökologisch und ökonomischen Anspruch von B Corp in Verbindung zu bringen, hebelt viele Marken auf ein neues Niveau. Nicht des Labels wegen, sondern durch den Prozess, den ein Unternehmen durchlaufen hat.

Oder wie es die Süddeutsche Zeitung in ihrem Beitrag „Macht Sinn“ (Juni 2021) formuliert hat: „Das B Corp Zertifikat ist eine Art Michelin-Stern für vorbildliches Handeln“.

Natürlich gibt es zur Zertifizierung und darüber hinaus noch viel mehr zu schreiben; z. B. zur Dauer, zur Prozessbgeleitung, zur Declaration of Interdependence, zur Community, zur Theory of Change und vieles mehr.

In diesem Beitrag wollte ich eine kurze Erklärung, besonders zum B Impact Assessment geben und Sie motivieren, sich damit auseinanderzusetzen. Wenn Sie Fragen haben, melden Sie sich jederzeit bei mir. Wir unterstützen und begleiten Unternehmen auf ihrem Weg zur B Corp. Entweder individuell oder in einem Peer to Peer Lernen, gemeinsam mit anderen Unternehmen.

Wann starten Sie den Weg zum Michelin-Stern für vorbildliches Handeln für Ihr Unternehmen?

Quelle Titelbild: © DisobeyArt | stock.adobe.com

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