Einweg Kaffeebecher auf einem Haufen wie kann man durch Corporate Nudging Muell vermeiden
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Durch Corporate Nudging nachhaltiges Verhalten fördern

Dass wir etwas gegen den Klimawandel tun müssen, ist den meisten Menschen in Deutschland zumindest theoretisch bekannt. Auch wollen sie ihren dazu beitragen, ihren Kindern und den künftigen Generationen eine halbwegs intakte Erde zu übergeben. Praktisch fehlt es jedoch häufig am entsprechenden Handeln und Verhalten. Wie können wir dieses Verhalten positiv beeinflussen, um nachhaltiger zu handeln und zu Wirtschaften? Nudging und, bezogen auf Unternehmen, Corporate Nudging, sind Strategien aus der Verhaltensökonomie. Sie können dabei helfen, dass nachhaltigere Handlungsalternativen den Vorzug bekommen.

Was ist Corporate Nudging?

Unter Corporate Nudging können alle Maßnahmen in Unternehmen zusammengefasst werden, die darauf abzielen, Denk- und Handlungsweisen in eine gewünschte Richtung, z. B. konkrete Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit, zu lenken.

Nudges machen sich typisch menschliche Verhaltensmuster zunutze und lenken diese durch Denkanstöße sanft in eine bestimmte Richtung. Sie üben weder Zwang aus noch arbeiten sie mit wirtschaftlichen Anreizen. Während Zwang schnell zu Reaktanz führen kann („Jetzt erst recht nicht!“), verpuffen Belohnungen schnell und man will sie immer wieder haben. Nudges setzen auf intrinsische Motive.

Auch im Artikel Mitarbeiter führen und binden durch Ansätze der Verhaltensökonomik habe ich mich bereits mit dem Thema Nudging befasst.

Corporate Nudging in der Nachhaltigkeitsberatung

Auch als in der Nachhaltigkeitsberatung nutze ich die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie, um Nachhaltigkeitsstrategien zu implementieren. Transformationen lassen sich dadurch leichter und wirksamer gestalten. Zudem schaffen sie ein Glücksgefühl, da man merkt, wie man selbst sein Verhalten einfach und zum Positiven verändern kann.

Corporate Nudging kurz erklärt

Nudging ist ein Ansatz aus der Verhaltensökonomik. Ein „Nudge“ ist ein sanfter Anstupser, um Verhalten in eine gewünschte Richtung zu lenken.

Was sind Nudges?

Mit Nudges versucht man, die Entscheidungen von Personen zu beeinflussen. Das bedeutet: Auch Entscheidungen, wie man sich verhält – oder eben nicht.

Entwickelt man Nudges, dann lautet die zentrale Frage: Wie lassen sich die Entscheidungsalternativen so gestalten, dass die beste Entscheidung getroffen wird?

Als „beste Entscheidung“ gilt diejenige, die Menschen wählen, wenn

  • Ihnen alle relevanten Informationen zur Verfügung stehen würden
  • Sie langfristig denken und handeln würden
  • Sie keinen kognitiven Biases unterliegen würden

Dennoch schränken Nudges die Entscheidungsoptionen nicht ein, zur Verfügung stehen nach wie vor auch „schlechte“ Optionen.

Verhaltensökonomische Forschung im Bereich Nudging

Der Begriff „Nudge“ wurde durch den Wirtschaftswissenschaftler Richard Thaler und den Rechtswissenschaftler Cass Sunstein geprägt. In ihrem Buch „Improving Decisions About Health, Wealth, and Happiness“ (deutscher Titel „Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt“) aus dem Jahr 2009 befassen sie sich mit der Frage, wie man Menschen zu vernünftigem Verhalten anregen kann. Die bekanntesten Forscher im deutschsprachigen Raum zum Thema Nudging sind Prof. Armin Falk (Universität Bonn, Institute on Behavior and Inequality) und Prof. Ernst Fehr (Universität Zürich, Center of Microeconomics and Experimental Economics). Fehr gilt im Bereich Verhaltensökonomik seit 2016 zu den renommiertesten Wissenschaftlern in der DACH-Region.

Welche Formen von Nudges gibt es?

Man kann Nudges grob in vier Kategorien einteilen. Die Grenzen verschwimmen allerdings. Ein Nudge kann daher auch verschiedenen Kategorien angehören. Diese lauten:

1.      Reframing

Die Darstellung von Informationen oder Entscheidungsalternativen wird verändert, um die Wahrnehmung zu beeinflussen.

Zum Beispiel wird gesundes Essen wie Obst und Gemüse in der Kantine auf Augenhöhe präsentiert, Süßigkeiten befinden sich ganz unten.

2.      Redesigning

Grundsätzliche Einstellungen, Optionen und Konsequenzen werden verändert.

Als Beispiel erhalten Verkäufer:innen keine Prämien für erfolgreiche Abschlüsse. Stattdessen starten sie mit dem maximalen Bonus. Den müssen sie durch erfolgreichen Vertrieb verteidigen.

3.      Relieving

Relieving erleichtert die Annahme einer bestimmten Option, zum Beispiel durch bestimmte Voreinstellungen.

Drucker können zum Beispiel standardmäßig auf „beidseitiges Drucken“ eingestellt werden, um Papier zu sparen.

4.      Reminding

Man wird an ein bestimmtes (wünschenswertes) Verhalten erinnert.

Dies kann zum Beispiel durch Mailings umgesetzt werden.

Trägheit und Angst vor Neuem

Neues ist für viele Menschen erst einmal suspekt. Daher ist es auch schwierig, seine Verhaltensweisen zu verändern, um das Klima besser zu schützen. Und das, obwohl die Veränderungen, die der Klimawandel mittlerweile hervorruft, schon deutlich spürbar sind.

Der Status quo Bias

Dennoch ist der Status quo das Vertraute und wird als Referenzpunkt genommen. Da er vertrauter ist, bewerten die Menschen ihn als besser gegenüber möglichen Alternativen.

Hierbei handelt es sich um eine Wahrnehmungsverzerrung, auch als Status-quo-Bias bezeichnet.

Der Grund: Jede Neuausrichtung bedeutet Mehraufwand und der Effekt ist unsicher. Man könnte Besitz und Privilegien verlieren. Möglicherweise muss man Gewohnheiten aufgeben.

Daher reden wir uns den Ist-Zustand gerne schön und sind skeptisch gegenüber dem Möglichen.

Der Loss Aversion Bias

Denn es könnte anstrengend werden, Veränderungen zu initiieren. Wir müssen Zeit, Energie und Geld investieren. Wir müssen Dinge aufgeben, an die wir uns gewöhnt haben: Aufgaben, Verantwortungsbereiche, Positionen, Image, Status und vieles mehr. Daher sind wir gegenüber Neuem eher träge.

Verstärkt wird der Effekt noch durch den Loss Aversion Bias. Dieser bezeichnet die Tendenz, Verluste stärker zu gewichten als mögliche Gewinne. Dass wir unseren Status verlieren könnten, finden wir verhältnismäßig schlimmer als mögliche neue und interessante Handlungsoptionen, die wir durch Veränderungen gewinnen könnten.

Bei der Bekämpfung des Klimawandels wird das aber zum Problem. Denn um ihn aktiv umzusteuern, muss jeder Einzelne sein Verhalten ändern. Nur dann lässt sich der Klimawandel abschwächen und vielleicht sogar aufhalten.

Durch Corporate Nudging nachhaltige Unternehmenskultur fördern

Die App eevie ist ein Tool zum Aufbau einer klimafreundlichen Unternehmenskultur. Sie nutzt Nudging und verhaltensökonomische Ansätze, um Menschen dazu zu bringen, „climate friendly habits“ aufzubauen, also nachhaltige Gewohnheiten. Diese neuen Gewohnheiten werden dann zu automatisierten Verhaltensweisen. Dadurch werden sie dauerhaft und langfristig wirksam.

In Corporate Nudging Projekten, in denen ich Mitarbeiter:innen für klimafreundliches und nachhaltiges Verhalten begeistern will und eine neue Leadership-Kultur etablieren möchte, nutze ich die eevie-App regelmäßig.

Klimaschutzkampagnen auf Unternehmensebene: Jede:r trägt dazu bei

Die Herausforderungen bei Verhaltensänderungen liegt darin, kleine Veränderungen mit großem Effekt zu bewirken. Die eevie App ist als „Employee Climate Engagement” Instrument konzipiert. Sie versetzt Unternehmen in die Lage, individuell konfigurierbare Nachhaltigkeitsprogramme zu planen und zu implementieren.

Screenshot der eevie App zum Corporate Nudging mit den verschiedenen Features der App
In der eevie App vergleichen Teams ihre Erfolge bei der CO2-Reduzierung miteinander. (Bild: © eevie.io)

Und so funktioniert das Corporate Nudging mit eevie: Teams egal welcher Größe führen in Unternehmen selbst festgelegte Klimakampagnen durch. Den Zeitraum definieren die Teams selbst. Meist wählen sie eine Laufzeit von vier bis zwölf Wochen.

Stand jetzt stellt eevie etwa 30 Themenfelder für Klima-Kampagnen zur Verfügung. Viele Projekte drehten sich bisher um folgende Themen:

  • Energie sparen
  • Wasser sparen
  • Kopostieren
  • Recycling
  • Müllreduzierung
  • Mehr Bio auf den Tisch
  • Etiketten lesen
  • Upcycling
  • Second Hand Shopping

Und noch viele mehr. Zahlreiche kreative Kampagnen zum Klimaschutz lassen sich mit eevie planen.

In diesem Impact:now Talk erklärt eevie-Gründer Antonius Willms, der Gründer von eevie seine persönliche Geschichte und was er mit eevie bewirken will.

© Stephan Grabmeier / YouTube

Corporate Nudging durch KI-gestützte Erinnerungen

Über die eevie App werden Klimamaßnahmen sichtbar. Jede:r Teilnehmende erhält durch die KI-gesteuerte App im richtigen Moment Erinnerungen. Die Resultate der Teams werden im Corporate Climate Dashboard gemessen und angezeigt. Durch die Anzeige der Ergebnisse aller Teams im Dashboard entsteht ein zusätzlicher Anreiz, noch mehr CO2 einzusparen. Erkenntnisse aus der Verhaltensforschung legen nahe, dass wir dem Verhalten anderer nacheifern wollen. Sehen wir, wie positiv sich die Kolleg:innen verhalten, wollen wir selbst das Gleiche schaffen. Die Transparenz erzeugt also nicht nur smarte Stupser, sondern dynamische Koppelungseffekte.

Auf die CO2-Reduzierungen der Teams setzt das Unternehmen noch eine naturbasierte CO2-Kompensation drauf: Es pflanzt Bäume in globalen Wiederaufforstungsprojekten. Die Mitarbeiter:innen leisten ihren kleinen Beitrag, das Unternehmen leistet einen größeren.

Besonders motivierend daran: Jeder Teilnehmende sieht unmittelbar, wie sich Alltagsentscheidungen auf die CO2-Bilanz auswirken. Zusätzlich gibt die App Motivationstipps, um klimafreundliche Gewohnheiten zu fördern. Durch Corporate Nudging entsteht so ein kultureller Wandel in der Organisation hin zu mehr Nachhaltigkeit.

Screenshot der eevie App zum Corporate Nudging mit Aspekten zur Verhaltensaenderung in der App
Durch den Einsatz der eevie-App sollen Mitarbeiter:innen zu langfristig klimafreundlicherem Verhalten motiviert werden. (Bild: © eevie.io)

In den letzten Jahren habe ich Unternehmen verschiedener Größen begleitet, die eevie ihren Teams zur Verfügung stellen. Von kleinen Teams in kleinen Firmen bis hin zu Zehntausenden Mitarbeiter:innen in globalen Konzernen. Meine Erfahrung: Sustainable Corporate Nudging wirkt auf dem Weg zu nachhaltigerem Wirtschaften.

Last but not least: Wer eevie privat ausprobieren will, kann sich die App einfach über einen App Store downloaden.

Und wer sich weiter über Corporate Nudging, Nudging und Erkenntnisse der Verhaltensökonomie informieren will, sollte das Buch „Warum es so schwer ist ein guter Mensch zu sein“ von Prof. Armin Falk lesen. Eine kopföffnende Lektüre!

Quelle Titelbild: © Robert Kneschke | stock.adobe.com

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