Das Internet der Dinge (IoT) ist längst Teil unserer Welt: Produkte und Services werden durch digitale Vernetzung immer smarter. Häuser heizen sich selbst, Rasensprenkler schalten sich selbst an und ab, Autos warnen uns vor Staus, Versicherungstarife variieren je nach Schadensrisiko. Vor allem mit den Folgen, die das für Unternehmen, unternehmerische Entscheidungen und Geschäftsmodelle hat und wie sie darauf reagieren sollen, beschäftigt sich die im März erschienene IoT-Studie von Bernhard Steimel und Ingo Steinhaus (einen ersten Blogbeitrag zur Studie findet Ihr unter Internet of Things (IoT): Smarte Produkte, smarte Services, smarte People). Was für viele irgendwie immer noch nach Science Fiction klingt, ist längst Realität.
Am Anfang war das Smartphone
Mit dem Smartphone fing alles an: Menschen waren ständig online. Preise zwischen Shops on- und offline ließen sich plötzlich in Echtzeit vergleichen. Fitnessdaten des letzten Waldlaufs konnte man speichern, die Strecke messen, den Puls auch. Verbesserungen ließen sich nun ebenso darstellen wie der Vergleich mit dem Laufpartner. Das Silicon Valley ist auf den Hardware-Zug aufgesprungen: Heute brauchen wir das Handy nicht mehr unbedingt, um all das zu messen. Die Sensoren befinden sich direkt in unseren Laufschuhen. Was sich verändert hat ist, dass die Produkte selbst smart geworden sind. Nicht wir selbst müssen Knöpfchen drücken und Steuerungsdaten eingeben – das alles passiert wie von Geisterhand. Nebenbei sammeln die smarten Dinge um uns herum noch jede Menge Nutzungsdaten, aus denen sie dann prognostizieren können, wie wir sie verwenden, um sich weiter an uns und unsere Bedürfnisse anzupassen.
Smarte Produkte: It’s magic!
In der Folge erwarten wir von unseren Produkten, dass sie smart sind. Smarte Produkte lassen die „echte“, physische Welt mit der digitalen Welt verschmelzen, zu einer „Smart Service Welt“. Smarte Produkte lesen Kunden gewissermaßen die Wünsche von den Augen ab. Sie erkennen von selbst, was der Nutzer will und braucht – smart Services stellen das dann bereit. In der Folge werden Kunden anspruchsvoller und erwarten diesen Komfort in allen Lebensbereichen: Produkte und Services sollen Probleme schnell und effizient lösen. Die Kommunikation muss reibungslos laufen. Auf diesen neuen Kundentypus müssen Unternehmen sich einstellen. Sie müssen
- ihre bisherigen Produkte „smartifizieren“,
- neue, smarte Produkte entwickeln,
- bisherige Geschäftsmodelle überdenken und neu ausrichten.
Ob Early Adopter, Startup oder Großkonzern: Flexibel bleiben ist Pflicht
Bisher ist das Internet der Dinge ein lernender Markt. Vieles ist noch in der Schwebe und wir wissen nicht, wohin die Reise geht. Deshalb ist es wichtig, dass Unternehmen zwar investieren, Ideen entwickeln und technische Infrastruktur (IoT-Stack) bereitstellen. Gleichzeitig müssen sie aber unbedingt flexibel bleiben. Alle Strukturen müssen so aufgebaut sein, dass sie sich morgen wieder anpassen lassen. Der IoT-Markt wird noch stark von den USA, insbesondere dem Silicon Valley und so genannten Early Adoptern dominiert. Früher oder später wird das Internet der Dinge aber zum Massenphänomen werden, dem sich Unternehmen nicht mehr entziehen können. Für das aktuelle Jahr rechnet das Analystenhaus Gartner mit rund 8,4 Mrd. vernetzten Dingen. Ein Drittel mehr als noch im vergangenen Jahr. Bis 2020 wird die Vernetzung bei über 20 Mrd. Dingen liegen, so die Prognosen.
Smarte Produkte und Services in der Praxis
Das Internet of Things durchdringt zahlreiche Lebensbereiche, in denen smarte Produkte unser Leben leichter und komfortabler machen. Oft nehmen sie uns lästige Aufgaben ab und sorgen wie unsichtbare kleine Helfer dafür, dass wir den Kopf für Spaßigeres oder Wichtigeres frei haben. Aus den Bereichen Fitness und Health und Mobilität stelle ich Euch nun ein paar Services und Produkte vor.
Nike+: Laufen, schneller laufen, zusammen laufen
So genannte Wearables sind heute der gewinnbringendste Faktor im Smart Health Bereich. Smart Services ermöglichen es Sportlern, ihre Performance zu verbessern und durch Kontakt und Vergleich mit anderen effizienter zu trainieren und mehr Spaß daran zu haben.
Über Sensoren in den Laufschuhen trackt das Programm Nike+ Geschwindigkeit, Strecke und Pulsfrequenz beim Joggen. Diese Daten werden dann ans Handy oder an das Fitnessarmband „FuelBand“ geschickt. So lassen sich Verbesserungen messen und Vergleiche mit anderen Läufern sind möglich, wenn sie die Daten auf der Nike+-Plattform hochladen. Darüber lassen sich auch Kontakte mit anderen Läufern herstellen, um Laufgruppen zu bilden. Während Smart Health Produkte momentan noch in erster Linie im Bereich Sport und Lifestyle angesiedelt sind, liegt noch großes Potenzial im Gesundheitssektor.
Smart Health: Vom Lifestyle-Produkt zum Gesundheitsassistenten
Wearables sind das derzeit (noch!) wohl bekannteste Produkt im Smart Health Bereich. Aber das Potenzial dieses Segments ist noch viel größer. Die Messung von Körperdaten ermöglicht beispielsweise auch die präventive Behandlung von Krankheitssymptomen, bevor man etwas davon spürt. So messen smarte Kontaktlinsen den Blutzuckerspiegel von Diabetikern. Bei unnormalem Absinken oder Ansteigen schlagen sie Alarm, so dass der Betroffene rechtzeitig gegensteuern kann.
Krankenhausaufenthalte könnten wegfallen, wenn entsprechende Messgeräte am oder sogar im Körper Daten sammeln und an medizinisches Fachpersonal gesendet werden. Bei akuten Verschlechterungen kann die smarte Technik auch sofort einen Notruf absetzen. Im Gesundheitssektor werden disruptive Veränderungen dank smarter Technik stattfinden, die das Leben der Menschen nachhaltig positiv beeinflussen. Entscheidend ist aber die Datensicherheit: Da es sich um sensible Kennwerte handelt, müssen hier Lösungen gefunden werden, die, ähnlich wie das Arztgeheimnis, insbesondere individuelle Messdaten absolut vertraulich behandeln.
Mobilität: smart und sharing
Die Sharing Economy ist in den Köpfen von Kunden, Usern und Unternehmen längst angekommen. Gerade in Sachen urbaner Mobilität lässt sie sich durch smarte Vernetzung aber noch gewinnbringend ergänzen.
Die meisten von uns kennen das Problem: Morgens auf dem Weg zur Arbeit ist man leider nicht der einzige auf der Straße. Die Folge: Stau. Endlose Kolonnen strapazieren Nerven, Umwelt und Geldbeutel. Wie schön wäre es da, einfach aus dem Auto aus- in die nächste S-Bahn oder aufs Fahrrad steigen zu können und den Weg fortzusetzen. Oder andersherum: Die S-Bahn fällt aus – Triebwerksschaden, die Strecke ist für Stunden blockiert. Eine schnelle Alternative muss her! Vernetzte Mobilitätsangebote, die die individuelle Strecke berücksichtigen können hier echte Erleichterung schaffen.
In der vernetzten Welt des IoT können wir uns das so vorstellen: Morgens fahren wir mit einem Car-Sharing-Angebot los ins Büro. Nach zwei Kilometern: Stau. Unser Smartphone oder unser vernetztes Auto melden uns die nächste S-Bahn-Station. Wir stellen dort das Auto ab und fahren mit den Öffentlichen weiter. Dort steigen wir vielleicht noch um auf ein Fahrrad, mit dem wir die letzten Meter bis zu unserem Ziel zurücklegen.
Smarte Services im Mobilitätsbereich sind ein echter Zukunftsmarkt. Die Herausforderung dabei ist, mehrere Produkte von mehreren Anbietern nahtlos (seamless) miteinander zu verknüpfen. In erster Linie geht es also darum, Informationen bereitzustellen, die der User dann auf der Straße für sich nutzen kann. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie sich mit der vermeintlichen Konkurrenz zusammentun müssen. Denn nur wenn sie ihren Kunden den Mehrwert eines vernetzten Services bieten, der effiziente Mobilität gewährleistet, wird auch ihr Unternehmen zukunftsfähig bleiben.
Eine App, die das teilweise schon heute möglich macht, ist MeMobility. Dort können Nutzer lokale Car- und Bikesharing-Sharing abrufen. Alle Infos zu Standort, Tankinhalt, Ladestand sind in der App gespeichert. Ihre Nutzung ist kostenlos, für die Sharing-Angebote müssen sich User anmelden.
Mit Smart Cars clever mobil
Immer smarter werden auch die Autos, die mit Geo-Daten (z.B. Wetter, Straßenverhältnisse), Echt-Zeit-Infos zur Verkehrslage, ständiger Überprüfung der Fahrzeugdaten (Reifendruck, Ölstand, Bremsbeläge etc.) und einer besonders benutzerfreundlichen Bedienung aufwarten. Mobilität wird damit nicht nur effizienter, schneller und weniger nervenaufreibend, sondern auch sicherer. Dies wiederum hat Auswirkungen auf die Versicherungsbranche, die dadurch in der Lage sein wird, günstigere Tarife anzubieten (Smart Insurance). Hier liegt Geschäftspotenzial bei den Autoherstellern, aber auch bei Zulieferern und digitalen Dienstleistern, die versuchen in diesem Segment Fuß zu fassen. Mercedes forscht in diesem Bereich mit dem Mercedes Benz F015 Luxury: Neben der Sammlung von Daten und ihrer Vernetzung ist auch autonomes Fahren integriert. Vor allem im Stau kann dieses Feature genutzt werden, so dass der „Fahrer“ sich anderen Dingen widmen kann.
Erste Schritte sind getan – viele weitere werden folgen
Viele der smarten Produkte befinden sich noch im Prototyp-Stadium und werden ständig erweitert und verbessert. Alles riecht nach Neuanfang, nach Spielerei, Kreativität und Innovation. Aber die Spielerei ist ein zukunftsträchtiger Milliardenmarkt, den zu verpassen sich kein Unternehmen leisten kann. Vor allem wir in Deutschland und Europa haben noch Nachholbedarf, was Investitionen und Forschung im Bereich IoT betrifft. Messlatte bei allen Neuentwicklungen muss der maximale Nutzen aus Kundensicht sein: Service und Vernetzung möglichst vieler Features und Produkte werden disruptive Veränderungen in der Business-Welt herbeiführen. Weitere smarte Produkte und Services werden auf den Markt kommen und unser Leben einfacher, komfortabler und sicherer machen. Davon bin ich überzeugt.
Die ganze Studie können Sie sich unter http://www.smarter-service.com/download/ herunterladen.
Was ist Ihre liebste smarte Anwendung, die Ihnen Ihr Leben erleichtert?
Quelle Titelbild: pixabay.com