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Klöckner.i – Stahl digital – Organisationsrebellen-Talk #10 mit CEO Gisbert Rühl

Junge Mitarbeiter, die neu bei Klöckner starten, stehen vor großen technischen Herausforderungen: Wie funktioniert ein Faxgerät? Ist das Fax einerseits noch ein Symbol der langjährigen Kommunikation, verändert sich in den letzten Jahren einiges bei Europas drittgrößtem Stahl-Händler, denn der CEO Gisbert Rühl setzt die Digital Transformation beispielhaft um. Er folgt damit einem wichtigen Innovations-Grundsatz: Kannibalisiere Dich selbst, bevor es andere tun!

Bestellungen per Fax

Seit 2009 treibt Gisbert Rühl beim größten freien Stahlhändler Klöckner das Thema Digitalisierung voran. Ein mutiger Schritt, führt er doch dazu, dass ein Teil des Kerngeschäftes von Klöckner wegfällt. Bis vor etwa vier Jahren trafen bei Klöckner Bestellungen ausschließlich per Fax ein, diese wurden bearbeitet und aus den riesigen Lagerhallen der Stahl dann zu den Kunden transportiert.

So tradiert, so gut. Laufender Informationsfluss zwischen Kunden, Büromitarbeitern und Logistikern: Fehlanzeige. Alles war sehr aufwändig.

Das eigene Kerngeschäft abschaffen?

Gisbert Rühl erkannte, dass der Einsatz neuer digitaler Technologien die Planung von Angebot und Nachfrage wesentlich effizienter machen könnte. Durch die Digitalisierung könnte die Nachfrage besser prognostiziert werden und Lagerkapazitäten würden weniger gebraucht. Das Problem an der Sache: Die Lagerung des Stahls gehört zum Kerngeschäft von Klöckner.

Dennoch entschied sich Rühl dafür, den Ausbau digitaler Technologien bei Klöckner konsequent voranzutreiben. Denn: Wenn Klöckner es nicht machen würde, dann würde ein Konkurrent das übernehmen. Wenn das mehr als hundert Jahre alte Großunternehmen aber selbst zum Treiber der Digitalisierung werden würde, dann könnte es dadurch nicht nur sein eigenes Unternehmen modernisieren und effizienter machen, sondern auch in der Branche eine neue Rolle einnehmen.

Quelle: Stephan Grabmeier / YouTube

Inkubator klöckner.i baute Online-Shop für Stahl

Klöckner gründete deshalb einen Inkubator, klöckner.i, der das Digitalisierungsthema in Angriff nehmen sollte. Die Aufgabe: Der Bau einer digitalen Handelsplattform, über die auch die Konkurrenz ihre Produkte vertreiben kann. Denn Stahl ist Stahl – Kunden entscheiden nur nach dem Preis, bei welchem Händler sie kaufen. Ein Stahl-Online-Shop macht den Handel kundenfreundlich und transparent. Klöckner.i verband also die Erfahrungen eines Großkonzerns mit der Dynamik und Innovationskraft eines Startups. Mittlerweile macht Klöckner 17 Prozent seines Umsatzes mit digitalen Produkten. Das Ziel sind bis zu 50% Umsatzanteil in den nächsten Jahren.

Klöckner: Digitale Transformation wirkt sich auf das ganze Unternehmen aus

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Ein Startup im Stahlhandel: Der Inkubator klöckner.i. (Bild: © Stephan Grabmeier)

Das gelang dem Stahlriesen Klöckner, weil er die digitale Transformation als Transformationsaufgabe für das Gesamtunternehmen ansieht und wichtige Punkte berücksichtigt, die ich in meiner Beratungsarbeit mit unseren Kunden sukzessive umsetze. Diejenigen die konsequent danach handeln, werden erfolgreich, wie man am diesem Beispiel deutlich sieht.

  1. Digitalisierung ist nicht delegierbar

Bei Klöckner treibt der Vorstandsvorsitzende das Thema Digitalisierung mit Entschlossenheit voran. Das ist entscheidend für den Erfolg des Projektes. Denn nur wenn die Führungsebene mit gutem Beispiel vorangeht, dann kann Digitalisierung erfolgreich sein. Leider ist das längst noch nicht in allen Vorstandsetagen angekommen. Nur der persönliche Wandel schafft den organisationalen Wandel. Dieser muss bei jedem zuerst anfangen, vom CEO bis zum Praktikanten.

  1. Digitalisierung bedeutet neue Arbeitsweisen.

Digitale Produkte, Services oder Geschäftsmodelle lassen sich am besten mit agilen und human zentrierten Methoden entwickeln. Das bedeutet, dass sie schon in der ersten Iteration im Unternehmen eingesetzt werden, um möglichst schnell Feedback vom Kunden zu bekommen. Dann werden sie kontinuierlich weiterentwickelt. Der Vorteil: Man findet schnell heraus, was funktioniert – und was nicht. In meiner Rolle bei Haufe waren wir mit diesem Vorgehen sehr erfolgreich und haben es geschafft, unser Kerngeschäft binnen zehn Jahren komplett zu verändern und das Portfolio bis zu 60% neu zu gestalten und digital auszurichten. Eine Aufgabe, in der Klöckner gerade mittendrin steckt.

  1. Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation.

Die tollsten Produkte und Ideen helfen nichts, wenn die Mitarbeiter nicht on board sind. Deshalb etablierte Klöckner einen Reigen von Dialogformaten. Neben einer globalen Social Collaboration Plattform z.B. so genannte Digi Days, an denen den Mitarbeitern Sinn und Zweck der neuen Technologien erläutert wurde. Außerdem sorgen „Fuck-up-Nights“ für eine neue Fehlerkultur. An Dialogen kann es nicht genug geben. Je umfangreicher die Transformation umso mehr müssen Führungskräfte und Mitarbeiter sprechen. Klingt so einfach, findet oft nicht ausreichend statt.

  1. Ambidextrie lernen umzusetzen.

Der Inkubator klöckner.i war zunächst eigenständig und vom eigentlichen Konzern unabhängig. Klöckner machte hier jedoch eine Erfahrung, die ich in verschiedenen Unternehmen immer wieder gemacht habe: Ambidextrie ist der Schlüssel, um Innovationen ins Gesamtunternehmen zu transformieren. Das bedeutet, Innovationsabteilungen, Inkubatoren, Innovation Labs müssen Teil des Unternehmens sein und in ständigem Austausch mit den „traditionellen“ Abteilungen stehen. Das Ziel ist es schließlich, das Gesamtunternehmen zu modernisieren. So können Tagesgeschäft und Innovationsgeschäft nebeneinander laufen und Innovationen nach und nach das Tagesgeschäft effizienter und lukrativer machen. Reza Moussavian hat das im Organisationsrebellen-Talk #8 mit einem sehr schönen Bild beschrieben: Die grünen Inseln müssen Brücken zum Festland haben.

Hier habe ich die ambidextren Innovationsstrukturen im 3 Horizonte Modell wie wir sie bei Haufe designed haben beschrieben. Ein Organisationsansatz der der Ambidextrie gerecht wird.

Ich wünsche dem Rebellen Gisbert Rühl weiterhin viel Erfolg bei seiner Riesen-Transformationsaufgabe und bin sehr zuversichtlich, dass Klöckner den Weg zu „Stahl digital“ konsequent und erfolgreich weitergehen wird. Auf weiterhin gute Zusammenarbeit.

Dieser Beitrag ist Teil der Organisationsrebellen-Blogparade von Haufe-Vision.

Quelle Titelbild: © Stephan Grabmeier

 

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