Als ich das erste Mal von Marco Holzapfels Geschäftsidee gehört habe, ploppten vor meinem inneren Auge Paragraphen und juristische Texte auf. Beim Wort „Betriebsdidalog“ denken wohl die meisten erstmal an juristische Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht. Aber Marco Holzapfel hat nach einer spannenden Karriere in relevanten HR-Funktionen seinem Unternehmen ausgerechnet diesen Namen gegeben. Sein Ziel ist es, die Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu einem Ausgleich zu bringen. Marco und ich arbeiten seit einigen Jahren zusammen. Aktuell nutzen wir seine Betriebsdialog-Expertise in einem Kundenprojekt. Ein erfolgreiches Experiment für uns, eine tolle Lösung für unseren Kunden. Warum gerade in Zeiten des digitalen Umbruchs die Dienste eines Unternehmens wie Betriebsdialog besonders gefragt sind und was ihn antreibt, hat mir Marco in einem Interview erklärt.
„Betriebsdialog bedeutet für mich gegenseitiges Vertrauen und Respekt vor der anderen Position“
Hallo Marco. In den vergangenen Jahren warst Du in verschiedenen HR-Positionen tätig, zuletzt auch in Leitungsfunktion. Wieso hast Du jetzt ein Unternehmen gegründet?
Den Wunsch, mich eines Tages selbstständig zu machen, hatte ich schon sehr früh in meinem Berufsleben. Die Stationen meiner Karriere und die Verantwortungsbereiche haben den Wunsch immer stärker zum konkreten Ziel werden lassen. Positives Feedback von Kollegen und Vorgesetzten zu meinem ausgeprägten Gestaltungs- und Veränderungswillen, meiner Begeisterungsfähigkeit und nicht zuletzt der Spaß in der Zusammenarbeit mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen hat ebenfalls seinen Teil dazu beigetragen.
Mit der Gründung von Betriebsdialog kann ich nun in einem deutlich größeren Wirkungskreis genau das tun, was mir Spaß macht und wovon ich überzeugt bin: das Thema der betrieblichen Mitbestimmung marktverändernd steuern und begleiten.
Betriebsdialog klingt erstmal nicht nach einem Unternehmen. Wie bist Du auf den Namen gekommen?
Bei Anwälten und Arbeitsgerichten stehen erstmal die Störfälle und ihre Folgen sowie gesetzliche Sanktionen im Vordergrund. Wir wollten einen Namen für unser Unternehmen, der zum einen dessen Zweck, zum anderen unsere Leistungen treffend beschreibt.
Der Begriff Betriebsdialog steht für uns für Vertrauen, gegenseitige persönliche Achtung, eine kooperative Zusammenarbeit, das Bemühen um gegenseitiges Verstehen, die Suche nach gemeinsamen Lösungen, die Rücksichtnahme auf die Rechte und Interessen der anderen Partei und einem faireren Umgang. Betriebsdialog ist daher einerseits unser Name steht andererseits aber auch als Leitmotiv für unsere Dienstleistungen.
Wenn man ein Unternehmen gründet sollte das „WHY“ im Vordergrund stehen. Wieso gibt es Deine Firma Betriebsdialog?
Die Arbeitswelt verändert sich durch die vierte industrielle Revolution – Arbeit 4.0 – spürbar. Agilität, Komplexität, Digitalisierung und Innovationen halten verstärkten Einzug in die Arbeitswelt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssen sich daher vermehrt mit den Themen Neuorientierung und Veränderungen im Arbeits- und Geschäftsumfeld beschäftigen… aber wem erzähle ich das!
In Bezug auf die betriebliche Mitbestimmung bedeutet das für beide Betriebsparteien in der Regel eine gewisse natürliche Anspannung, weil das Betriebsverfassungsgesetz dem Betriebsrat sehr weitreichende Mitbestimmungsmöglichkeiten einräumt. Mit unseren Dienstleistungen ermöglichen wir den Betriebsparteien, inhaltlich und strategisch aufzuschließen und ihre Interessen auf kooperative Art zu verfolgen.
Naiv gedacht würde ich meinen, das Thema wird von den Fachjuristen abgedeckt?
Fachjuristen spielen beim Thema der betrieblichen Mitbestimmung natürlich eine wichtige Rolle. Allerdings beschäftigen wir uns mit unseren Klienten hauptsächlich mit der Frage der konkreten inhaltlichen und personalwirtschaftlichen Umsetzung von Arbeitsrecht sowie mit der konkreten Beziehung zwischen den Betriebsparteien.
Unser Anliegen ist es, diese drei Dimensionen in einer ausgewogenen Kombination zu berücksichtigen und im Prozess zum richtigen Zeitpunkt einzubringen. Betriebsdialog liefert hierfür einen maßgeschneiderten Rundum-Service für seine Auftraggeber. Wir bieten den Betriebsparteien aus einer Hand das notwendige handlungsorientierte Wissen, die passenden Sachverständigen, die deeskalierende Moderation als Mitbestimmungs-Lotse und bei Bedarf den passenden Einigungsstellenvorsitzenden für bestehende Konflikte.
Für wen lieferst Du einen Mehrwert: Für die Arbeitgeberseite oder für den Sozialpartner?
Genau das ist der Punkt. Der klassische Fachjurist spezialisiert sich häufig auf eine Seite – Arbeitnehmer oder Arbeitgeber. Wir haben uns bewusst dazu entschieden, das noch häufig vorhandene Lagerdenken aufzubrechen und den Dialog sowie die kooperative Zusammenarbeit in den Vordergrund zu stellen. Daher richtet sich unser Angebot ganz klar an beide Betriebsparteien.
Mediatoren gibt es aber doch auch schon genügend.
Die Mediation fokussiert sich auf die neutrale Konflikt(auf)lösung und bringt sich in der Regel inhaltlich nicht ein. Wir setzen mit unserem Angebot entsprechend der Eskalationsstufe bereits weit davor an und begleiten auch bis zur vollständigen Umsetzung des Vorhabens.
Lass uns mal konkret werden. Wie sieht ein Projekt aus, dass Du erfolgreich abgewickelt hast?
Bei einem Kunden von uns verhandelten Arbeitgebervertretung und Betriebsrat bereits seit einigen Monaten erfolglos um die Ausgestaltung einer Vergütungsordnung für die Mitarbeiter am Standort. Der Kontakt zu Betriebsdialog wurde über den Betriebsrat des Unternehmens hergestellt. Der Knackpunkt des Vorhabens war jedoch nicht die rechtliche Bewertung. Vielmehr lag die Kontroverse in der inhaltlichen Ausgestaltung der Bewertungskriterien einzelner Stellen, dem gewählten Laufbahnmodell, den noch zu definierenden Stufen/Levels, den dahinterliegenden Gehaltsbänder sowie dem „BigPicture“ – also der Frage wie was zusammenspielen soll. Innerhalb von drei Workshops wurden im Rahmen einer kooperativen Zusammenarbeit die oben beschriebenen Bedürfnisse inhaltlich beleuchtet, diskutiert und eine Lösung auf die konkreten Anforderungen im Unternehmenskontext erarbeitet. Das gemeinsam entwickelte Ergebnis wurde in einer Betriebsvereinbarung fixiert und auf Augenhöhe abgeschlossen.
Ein zweites Beispiel das wir gemeinsam mit einem Eurer Kunden bearbeiten wurden wir bereits sehr früh – noch vor dem offiziellen Projektstart – auf Arbeitgeberinitiative hinzugezogen. Es ging um die Einführung einer Talent Management Software und die Frage, wie der Betriebsrat hier von Beginn an optimal eingebunden werden kann. Wir erstellten gemeinsam einen Kommunikations- und Mitbestimmungsfahrplan. Der Betriebsrat war zunächst verwundert und etwas misstrauisch, dass der Arbeitgeber zu diesem frühen Zeitpunkt einen Externen beteiligt. Aber bereits nach dem ersten gemeinsamen Maßnahmen mit Arbeitgeber und Betriebsrat waren die Vorbehalte ausgeräumt und wir konnten mit beiden Betriebsparteien in kooperativer Vorgehensweise eine Betriebsvereinbarung erstellen und abschließen.
Wie nehmen die Mitarbeiter eines Unternehmens Deine Arbeit war?
Hauptsächliche habe ich in den Unternehmen ja mit der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretung zu tun. Je nachdem, auf wessen Initiative der Kontakt zu uns hergestellt wurde, gibt es ein erstes natürliches Misstrauen der zweiten Betriebspartei. Es zeigt sich aber, dass unsere Philosophie und Ansatz überzeugen.
Mit den anderen Mitarbeitern habe ich in der Regel kaum Kontakt. Was aber immer wieder passiert, ist, dass die Kollegin oder der Kollege am Empfang des Unternehmens aufhorchen, wenn ich sage, dass ich von „Betriebsfrieden“ komme. Meistens fragen sie dann, was wir als Firma tun. Das Feedback auf meine Antwort ist durchweg positiv. „Sie helfen uns also: dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber.“
Lieber Marco, herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg mit Betriebsdialog. Ich denke wir werden immer wieder in Situationen kommen, in denen wir auf Deine Expertise zugreifen werden.
Über Marco Holzapfel
Marco Holzapfel ist selbstständiger Scout und Lotse rund um das Thema „betriebliche Mitbestimmung“. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann und anschließendem BWL-Studium bekleidete er über zehn Jahre lang diverse HR-Positionen in verschiedenen Unternehmen und Branchen. Nun hat er sich mit dem Unternehmen Betriebsdialog selbstständig gemacht. Sein Ziel ist es, dialogorientiert und kooperativ die Interessen von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite unter einen Hut zu bekommen.
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