Egal ob Startup oder Großunternehmen, Produkte müssen schneller denn je auf den Markt gebracht werden. Viele Unternehmen nicht nur Google, Dropbox, Airbnb oder Virgin Airlines, verwenden neue und innovative Konzepte, um dabei Risiken zu minimieren, Kosten im Griff zu behalten und einen schnelleren Markterfolg zu erzielen. Dazu nutzen sie unter anderem den Ansatz von Lean Startup. Den Begriff Lean Startup hat der amerikanische Autor Eric Ries in 2008 geprägt, indem er den Lean Management Ansatz auf Startups übertrug und sich stark an den Unternehmensgründungen im Silicon Valley orientierte. Ich arbeite seit längerem mit der Methode. Dabei erlebe ich, wie dieses Vorgehen gerade in Großunternehmen immer mehr Anklang findet und in den langsamen und verkrusteten Strukturen für echte Wirkung sorgt. Ich habe die Lean Startup Methode daher für Euch einmal genauer betrachtet.
Fünf grundlegende Prinzipien
Die Lean Startup Methode kombiniert eine klare Erfolgsorientierung mit einer innovativen Feedback-Strategie. So können Produkte entwickelt werden, die genau auf das Bedürfnis der Zielgruppe zugeschnitten sind. Eric Ries formuliert in der Lean Startup Methode fünf Handlungsprinzipien:
1. „Entrepreneurs are everywhere“: Jeder kann Entrepreneur werden
Lean Entrepreneurs machen einfach, das heißt sie überlegen nicht lange, sondern fangen einfach an. Keine lange Vorplanung, keine monatelangen Power Point Schlachten mit hundertfachen Abstimmungsschleifen ohne Mehrwert wie in den Konzernen üblich – sondern ausprobieren, ob das Produkt funktioniert und wie es bei den Zielkunden ankommt.
2. „Entrepreneurship is Management“: Das Management ist der Schlüssel zum Erfolg
Alle Abläufe werden im Lean Startup so organisiert, dass sie möglichst schlank, kostengünstig und agil sind. Bereits Albert Einstein hat es treffend foruliert „If you can’t it explain it simply you don’t understand it well enough“ Die Klarheit steht hier im Vordergrund.
3. „Validated Learning“: Lernen messbar machen
Einzelne Hypothesen werden direkt an der Zielgruppe mit geeigneten Methoden getestet. Nicht in isolierten Abteilungen sondern direkt mit der Zielgruppe. Dabei steht das Monitoring der Ergebnisse im Mittelpunkt. Nach der Auswertung der Tests werden die Hypothesen angepasst. Durch das direkte und evaluierte Kundenfeedback erhält man neue Optimierungspunkte für mehr Markterfolg. Je häufiger Iterationen stattfinden, umso besser und höher wird die Qualität.
4. „Innovation Accounting“: Innovation durch relative Kennzahlen berechenbar machen.
Beim „Innovation Accounting“ kommt es darauf an, das Gelernte zu definieren, messbar zu machen und zu kommunizieren. Anstatt sich nur auf Umsatzvariablen zu konzentrieren, erfasst diese Art der Messung auch Umstände, die wichtig sind, bevor die ersten Einnahmen fließen – oder ausbleiben. Dave McClure unterscheidet dabei fünf Messkriterien:
- Acquisition: How do users find you?
- Activation: Do users have a great first experience?
- Retention: Do users come back?
- Revenue: How do you make money?
- Referral: Do users tell others?
5. „Build-Measure-Learn“: Ständige Verbesserung durch Kundenfeedback
Lean Building bedeutet nicht, ein Produkt bis zum letzten Detail zu entwickeln, bevor man es auf den Markt bringt, sondern es mit minimalen Anforderungen zu produzieren und möglichst zeitnah zu vermarkten. Somit können Kundenfeedbacks schneller in den nächsten Produktzyklen integriert und das Produkt gezielt verbessert werden.
Während in Firma A noch am perfekten Produkt geplant und gearbeitet wird und Monate oder Jahre vergehen, kann Firma B selbst mit wenig Kapital durch diese Methode schon eine Produktversion nach der anderen herausbringen.
Lean Startup by Eric Ries
In einem kurzen Interview erklärt Eric Ries mit seinen Worten Lean Startup:
Der ideale Beginn für Lean Startup
Am besten fängt man zuerst damit an, die Geschäfts- oder Produktidee zu visualisieren. In der Praxis hat sich hierfür die Business Model Canvas von Alexander Osterwalder beziehungsweise Lean Canvas von Ash Maurya bewährt, da es einfache, tragbare und ihm Team nutzbare Resultate generiert. Für jeden thematischen Punkt in der Canvas werden Zeitfenster gesetzt. Diese werden am besten so gewählt, dass sie den Mitarbeitern anfangs als zu klein erscheinen. Es geht also los mit: „Ich beschreibe die Idee in 10 Minuten.“
Dies ist so beabsichtigt, um sofort erste Ergebnisse zu erhalten und sich nicht zu verlieren. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass man das Ziel vor Augen hat, sich nicht verzettelt und sich mit den wichtigen Dingen auseinandersetzt. Mit Lean Startup liegt der Fokus auf das Hier und Jetzt. Es gilt, sich voll und ganz auf die einzelne, aktuelle Aufgabe zu konzentrieren.
Kundenfeedback gezielt entwickeln
Sobald die Geschäfts- oder Produktidee formuliert ist, erfolgt der nächste Schritt in Richtung Kunde: „Erstelle ein Kundeninterview in 10 Minuten.“ Wichtig dabei ist, dass das Interview wie eine Unterhaltung geführt wird. Dem Kunden wird nichts angepriesen und es darf auch kein reines Frage-/Antwort-Spiel sein. Nachhaken ist erlaubt und sogar wünschenswert, um mehr zu erfahren. Mit jedem Interview erhält man konkreteres Feedback und kommt dem idealen Produkt näher. Dieses Wissen fließt automatisch in das nächste Interview mit ein. Der Interviewpartner wiederum steuert seine eigenen Erfahrungen und Ideen bei. Fertig ist man, wenn von Seiten der befragten Probanden nichts Neues mehr kommt.
Zeitnahes Einbinden von Experten
Die ersten Interviews führt man meist persönlich durch. Spätestens, wenn Fachwissen benötigt wird, werden weitere Mitarbeiter und Experten hinzugezogen. Ein Lean Startup beziehungsweise eine Lean-Produktgenese wird immer kooperativ geführt. Der Vorteil des kooperativen Führungsstils ist, dass sämtliche Beteiligte ihr individuelles Know-how aktiv einbringen und dieses kritisch hinterfragt wird. Dieses Konzept ist vergleichbar mit dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), der einer definierten Logik folgt:
- Anerkennung des Verbesserungsvorschlags
- Problem abgrenzen, definieren und analysieren
- Ursachen finden
- Ziel definieren
- Planen, wie das Ziel umgesetzt werden soll
- Umsetzung koordinieren
- Ergebnisse dokumentieren und visualisieren
- Ergebnisse prüfen
- Falls Ziel erreicht: Ergebnis sichern und Standard definieren
- Falls Ziel nicht erreicht: Verbesserung initiieren
Kommunikation ist King
Ein bewährtes Mittel der Kommunikation sind dabei Qualitätscommunities. Diese sind im Lean-Konzept sowohl horizontal als auch vertikal also vernetzt angelegt. Das bedeutet, Kommunikation findet nicht nur zwischen Teams und Chef statt, sondern auch zwischen verschiedenen Teams und vor allen Dingen unter Mitarbeitern unterschiedlicher Arbeitsbereiche und Hierarchiestufen.
Bei den Diskussionen der Lösungsvorschläge darf es durchaus heiß hergehen, das heißt, es ist erlaubt, selbst elementare Hypothesen der Produktidee anzuzweifeln. Dadurch kann das Unternehmen auf grundlegende Probleme schneller reagieren und bei Bedarf einen konzeptionellen Richtungswechsel initiieren. Fehler werden früher erkannt beziehungsweise früh vermieden.
Fazit: Lohnenswerter Ansatz – Ausprobieren!
Lean Startup ist nicht „noch eine Methode mehr“, sondern eine „neue“ Philosophie des Denkens und Handelns, die mit ihren Strategien und Arbeitsweisen konkret auf moderne Unternehmen und neu denkende Teams und/oder Führungskräfte zugeschnitten ist. Damit können Sie schnell und kostengünstig Geschäftsmodelle antesten und diese weiterentwickeln. Mit dieser ungewohnten und teilweise progressiven Perspektive profitieren gerade Großunternehmen, vor allem in der Produktentwicklung. Fehlschläge können somit frühzeitig minimiert, Kosten niedrig und das Produkt sukzessive durch kurze Feedbackschleifen auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten werden.
Der revolutionäre Ansatz der Lean Startup Methode lohnt sich in vielfacher Hinsicht. Viele junge Unternehmen nutzen die Methodik. Auch tradierte Unternehmen sollten diesen neuen Weg einschlagen, gerade wenn es um die Entwicklung und Umsetzung von Innovationen und neuer Produkte geht. Um sich mit der Lean Startup Methode vertraut zu machen, sollten Firmen diese in einem kleinen Rahmen ausprobieren, (schnell) lernen, den Ansatz auf sich adaptieren und bei Erfolg auf weitere Projekte und das gesamte Unternehmen ausrollen.
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Klasse Zusammenfassung. Danke
Gerne Andreas 😉
Beste Grüße
Stephan