Im Organisationsrebellen-Talk #3 habe ich mich mit Bastian Unterberg unterhalten. Nicht nur wegen mancher Äußerlichkeiten könnte man einen Rebellen vermuten. Bastian Unterberg war bereits in seinem Informatikstudium so rebellisch, dass er sich nach der Uni gegen den vorgezeichneten Karriereweg entschied und lieber sein eigenes Unternehmen gründete. Denn er wollte seine eigene Idee realisieren: Die Open Innovation Plattform jovoto.com, die ein menschen- und werteorientiertes Konzept der Arbeit umsetzen will. Wie wichtig es ist, die Vorstellungen von Unternehmen mit denen externer Experten abzustimmen, habe ich selbst in einigen Projekten mit jovoto erlebt. Deshalb war ich besonders gespannt darauf, mich mit Bastian auszutauschen.
Ein alternatives Karrieremodell
Designer, Freelancer, Kreative aller Art: Sie arbeiten meistens projektbezogen und haben große Freiheiten. Oft verzichten sie dafür aber auf Sicherheiten. Folgeprojekte bleiben aus, Altersvorsorge auf der Strecke.
Mit der Plattform jovoto.com will Bastian Unterberg dieser Berufsgruppe ein alternatives Karrieremodell anbieten. Anders als bei Plattformen, die das Talent als Ware verkaufen und auf Angebot und Nachfrage basieren, will jovoto als eine Art Talent Assessment Center fungieren. Es bietet Raum zu Experimenten und um sich und seine Fähigkeiten auszuprobieren. Nur weil mal ein Projekt nicht so läuft, wie geplant, fällt man nicht als Dienstleister aus der Plattform heraus.
Umgekehrt bekommen die Besten Zugang zu größeren Projekten, zu größeren Unternehmen, erlangen höhere Tagessätze und garantierte Bezahlung. Ohne die Fesseln der Festanstellung können Kreative so trotzdem ein gewisses Maß an Sicherheit erreichen.
Kreative brauchen eine Lobby
Wie einige Gewerkschaften, die sich dazu mobilisieren, sieht Bastian Unterberg ebenfalls das Problem, dass Kreative oft ausgebeutet werden. Bei finanziellen Engpässen können sie es sich oft nicht leisten, Aufträge auszuschlagen. Das drückt natürlich den Preis. „Kreativen fehlt eine Lobby in der Politik“, meint Bastian. Zwar sieht er die Gewerkschaften nicht als die richtigen Vertreter, denn Sie argumentieren tradiert in einem industriellen Modell der abhängig Beschäftigten, die 40 Jahre Vollzeit arbeiten. Genau das wollen aber viele Freelancer nicht. Sie wollen selbstbestimmt arbeiten, sich ihre Projekte aussuchen und Gestaltungsfreiräume genießen. Dennoch ist es wichtig, dass die Diskussion öffentlich geführt wird, um eine Lobby aufzubauen.
Quelle: Stephan Grabmeier / YouTube
Gemeinsames Wertesystem
Dass die Vorstellungen von großen Unternehmen oft nicht mit denen von Kreativen zusammenpassen habe ich selbst u.a. bei der Telekom erlebt: Auf einen Open Innovation Wettbewerb für eine Recruiting App hatten wir sehr gute Resonanz über die jobtot Community erhalten und aus 82 Konzeptideen auch einen klaren Favoriten ausgemacht. Wir haben ihn eingeladen, seine Idee bei der Telekom umzusetzen. Er wollte zwar gern das Projekt umsetzen und die gewünschten Tätigkeiten erledigen, sonst aber nicht mit einem Konzern zusammenarbeiten. Knackpunkt war die Kultur: Die festen Strukturen bei der Telekom AG passten einfach nicht zur Arbeitsweise mit vielen Freiheiten, wie sie sich ein Freelancer wünschte. Klingt aus der Sicht des Kreativen völlig normal, ist aber für die oft arrogante Haltung von Konzernvertretern ein Hieb gegen klassisch gedachte „Karriere“denke.
Bastian Unterberg: Arbeit wie sie uns gefällt
An diesem Punkt setzt Bastian Unterberg an: „Wir organisieren Arbeit so, wie es uns gefällt“, sagt er. Das bedeutet: Nicht der Markt gibt den Ton an, sondern die Bedürfnisse der Menschen. Gemeinsam gelebte Werte, eine New-Work-orientierte Kultur bilden den Grundstein für die Zusammenarbeit über jovoto. Die sollte auf Fairness basieren, für beide Seiten: Dienstleister und Unternehmen.
Als externer Rebell rät er den Organisationen, sich auf die individuellen Bedürfnisse von Mitarbeitern einzulassen, sich in Netzwerken zu organisieren, Freiheit und Sicherheit zugleich zu bieten. Wer das für die Quadratur des Kreises hält, dem sei in Bastian Unterbergs Worten gesagt: „Organisationsrebell zu sein ist vernünftig. Wenn man heutzutage sieht, wie schnell sich die Dinge verändern und mit welcher Komplexität und Geschwindigkeit das Ganze passiert und wenn man selbst in einer großen Organisation steckt und diese nicht infrage stellt, nicht rebelliert, dann ist man sehr unvernünftig.“
Besser hätte ich es nicht sagen können. Danke Bastian für den tollen Talk.
Dieser Beitrag ist Teil der Organisationsrebellen-Blogparade von Haufe-Vision.
Quelle Titelbild: Screenshot von jovoto.com